Fachkommission Altersvorsorge

Stirbt die Freiberuflichkeit?

Deutsche Rentenversicherung Bund sorgt für Verunsicherung bei freiberuflichen Trainern, Beratern und Coachs

Geschrieben von Edit Frater
Leiterin der DVWO Fachkommission Altersvorsorge und 1. Vorsitzende der Trainerversorgung e.V. (www.trainerversorgung-ev.org)
Seit Jahren beschäftigt das Thema Rentenversicherungspflicht die Szene der Trainer, Berater und Coachs. Dass man als freiberuflicher – rentenversicherungspflichtiger – Lehrer eingestuft werden könnte, ist vielen Kollegen bewusst.
Nun kommt auch noch die Gefahr hinzu, ein „Beschäftigungsverhältnis“ eingegangen zu sein, sprich als Scheinselbständiger mit Zahlungsverpflichtung aller Sozialversicherungsbeiträge zu gelten. Obwohl hier der Auftraggeber der Schuldner ist, stellt diese Praxis eine massive Existenzbedrohung dar.

Lehrend Tätige, die keine eigenen Angestellten beschäftigen, sind  nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VI, §2 Abs. 1) rentenversicherungspflichtig.
Selbiges gilt für Selbständige, die überwiegend für einen Auftraggeber tätig sind (SGB VI, §2 Abs. 9).
Dieses Gesetz, ursprünglich Angang des 20. Jahrhunderts entstanden und mit dem 2. Weltkrieg in Vergessenheit geraten, wird seit 1998 wieder angewandt.
Zahlreiche Trainer/innen und Coachs wurden mittlerweile durch die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) geprüft oder haben selbst einen Antrag auf die Feststellung eines sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt.
Häufig genug wurde die Rentenversicherungspflicht der selbständigen Trainer und Coachs festgestellt. Grundlage war die Definition der lehrenden Tätigkeit durch die DRV als Vermittlung von Wissen, Können und Fertigkeiten in jedweder Form.
Das bedeutet die Zahlungsverpflichtung der Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 18,7 Prozent bezogen auf den Gewinn, oder des Regelbeitrages in Höhe von derzeit 543,24 Euro monatlich. Rückwirkend darf die DRV die Beiträge für bis zu 60 Monaten einfordern, für manchen Trainer und Coach bedeutete das Nachzahlungen von Beiträgen in Dimensionen bis zu 30.000 Euro.

Ist Coaching lehrend oder beratend?
Zumindest Coachs konnten sich teilweise aus der Rentenversicherung lösen, nachdem ein Urteil  des Bundesozialgerichtes (BSG vom 23.4.2015, B 5 RE 23/14 R) aus dem Jahr 2015 bescheinigte, dass bei Beratungen nicht die Wissensvermittlung das primäre Ziel sei, sondern quasi ein „Kollateralschaden“. Im Vordergrund der Beratung ginge es um die Lösung eines individuellen Problems und die Vorbereitung individueller Entscheidungen und Verhaltensänderungen.
Diese Sichtwiese konnte in Einzelfällen auf Coachings übertragen werden.

Scheinselbständigkeit – der Tod der Freiberuflichkeit
Seit November 2015 sorgt nun zusätzlich Arbeitsministerin Andrea Nahles für Verunsicherung. Um den Missbrauch von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassungen einzudämmen, strebt sie die strengere Beurteilung von „Beschäftigungsverhältnissen“  an.
In der Praxis prüft die Rentenversicherung immer strenger, ob zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern tatsächlich ein B2B (business to business) Verhältnis oder ein Beschäftigungsverhältnis wie zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorliegt.
Kann dies nachgewiesen werden, so ist der Arbeitgeber zur Nachzahlung der gesamten Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet.
Entgegen der geläufigen Annahme nützt es in diesem Zusammenhang nicht, mehrere Auftraggeber zu haben. Jedes „Verhältnis“ wird für sich geprüft. Die gesetzliche Grundlage (SGB IV § 7) ist dünn und lässt viel Interpretationsspielraum.

SGB IV § 7: Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

In Folge versuchen Auftraggeber das Risiko der Nachzahlungen zu verhindern, indem sie unter anderem:

  • Auftragnehmer/innen zur Statusfeststellung zwingen
  • Keine Freelancer, sondern nur noch Kapitalgesellschaften beschäftigen
  • Zahlungsverpflichtungen vertraglich versuchen auf Auftragnehmer abzuwälzen

Obwohl es keinen festen Kriterienkatalog gibt, können Indizien für oder gegen eine Selbständigkeit sprechen.
Je mehr Indizien für eine Selbständigkeit sprechen, umso besser sind die Chancen, dass kein „Beschäftigungsverhältnis“ angenommen wird.

Wie könnte der perfekte selbständige Trainer, Berater oder Coach aussehen?
Der / die perfekte „TBC“ dokumentiert seine Eigenständigkeit durch möglichst viele Merkmale die einen Unternehmer auszeichnen.
Dazuzählen die eigene Homepage, Auftritt auf Werbeplattformen oder eigene Büroräume. Die Verwendung von eigenen Vorlagen für die Geschäftsbeziehung, auch eigenen  AGB´s  (Allgemeine Geschäftsbedingungen) ist von Vorteil. Die Beschäftigung von Angestellten stellt ebenfalls ein starkes Indiz für Selbständigkeit dar.

Weitergehende Informationen:
Weitergehende Informationen erhalten Mitglieder der DVWO-Mitgliedsverbände über den DVWO-Kooperationspartner TRAINERversorgung e.V. zu Sonderkonditionen.
Der Besuch des regelmäßigen Webinars mit der 1. Vorsitzenden Edit Frater ist TVbasic Mitgliedern der Trainerversorgung bereits möglich (die TVbasic-Mitgliedschaft ist für Mitglieder der DVWO-Mitgliedsorganisationen kostenfrei).
Umfangreichere Informationen und individuelle Beratung, unterstützt durch zwei spezialisierte Rechtsanwälte, erhalten TVplus-Mitglieder der Trainerversorgung e.V. Für Mitglieder der DVWO-Mitgliedsorganisationen gilt ein reduzierte Satz (http://trainerversorgung-ev.org/index.php/mitglied-werden)

Altersarmut bei Trainern und Trainerinnen?

Das waren Zeiten: Konrad Adenauer führte 1948 die gesetzliche Rentenversicherung wieder ein, die durch den zweiten Weltkrieg zweitweise außer Gefecht gesetzt war. Die damals durchaus zeitgemäße Idee hieß „Generationenvertrag“.Die jungen Beitragszahler sollten mit ihren Rentenversicherungsbeiträgen die Renten derjenigen finanzieren, die bereits im Ruhestand waren. Im Jahr 1950 kamen auf einen Rentner6,18 Beitragszahler. Heute sind es 2,8, in zwanzig Jahren werden es laut der erwarteten demographischen Entwicklung noch 1,66 sein. Während in den fünfziger Jahren die Lebensdauer der Menschen nach Rentenbeginn selten 12 Jahre überschritten hat, sind es heute häufig 20 Jahre und mehr, die noch finanziert werden wollen.
Während in den fünfziger Jahren die Lebensdauer der Menschen nach Rentenbeginn selten 12 Jahre überschritten hat, sind es heute häufig 20 Jahre und mehr, die noch finanziert werden wollen. Die gesetzliche Rente wird unweigerlich sinken müssen, sofern keine andere Finanzierungsform gefunden und durchgesetzt wird. Beitragszahler sind Arbeitnehmer, die zwischen 5.400 und 72.600 Euro Jahreseinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung erhalten. Und einige wenige Gruppen von Selbständigen.
Auf Einkünfte aus Kapitalerträgen werden keine Beiträge erhoben.
Neuesten Studien zufolge werden Durchschnittsverdiener 30 Jahre arbeiten müssen, um im Rentenalter auf Hartz IV-Niveau zu kommen. weiterlesen

 

Kalkulation eines angemessenen Honorars für Trainer/innen und Dozenten in der Weiterbildung

Derzeit findet eine politische Diskussion über Mindestlöhne für – angestellte – pädagogisch Beschäftigte in der Weiterbildung statt.  Ganze 12,38 Euro soll der Stundensatz für eine der wichtigsten bildungspolitischen Aufgaben im Lebensbegleitenden Lernen betragen. Die Diskussion darüber mag richtig sein, aber der Ansatz ist falsch. Es ist in Deutschland davon auszugehen, dass 80 Prozent aller Weiterbildungen von freiberuflich, selbständig auf Honorarbasis arbeitenden TrainerInnen und DozentInnen  durchgeführt werden und nicht von angestellten pädagogisch Beschäftigten. weiterlesen