Das Fernunterrichtsschutzgesetz, welches aufgrund eines aktuellen BGH-Urteils für Aufregung in der Weiterbildungslandschaft sorgt, stammt aus dem Jahre 1977.
Seither haben sich die verwendeten Medien stark verändert. Aus Lehrheften sind Onlinekurse geworden und so sieht der Gesetzgeber Handlungsbedarf, um Kunden und Kundinnen zu schützen
Für welche Angebote ist das Fernunterrichtsschutzgesetz relevant?
Um mit der eigenen Dienstleistung unter das Gesetz zu fallen, müssen folgende Sachverhalte vorliegen:
- Es muss sich um die (entgeltliche) Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten handeln.
- Während der Wissensvermittlung sind die lehrende und die lernende Person ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt.
- Der Lernerfolg wird durch die lehrende Person oder einen Beauftragten überwacht.
Wie immer bieten kurze Gesetzestexte Interpretationsspielraum und werfen Fragen auf.
Was fällt unter die „Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten“?
Alle Arten von Kursen, Lehrgängen, Seminaren, Workshops in jedem Fall. Coachings werden vermutlich auch betroffen sein, da hier mindestens Lösungskompetenzen vermittelt werden.
Unklar ist, ob auch Beratungsangebote als lehrend eingestuft werden können. Vorsicht ist in jedem Fal geboten, da es nicht auf die Bezeichnung der Leistung, zum Beispiel „Mentoring“ ankommt, sondern auf die inhaltliche Ausgestaltung.
Rein freizeitorientierte Angebote sollen nicht betroffen sein.
Was bedeutet „räumliche Trennung“?
Wer eine Ausbildungsreihe online anbietet, deren Inhalt mit Hilfe von Medien vermittelt wird, die keinen synchronen Informationsaustausch ermöglichen, arbeitet räumlich getrennt.
Das nennt sich „asynchroner Informationsaustausch“. Die Teilnehmer/innen können Fragen und Kommentare posten oder mailen, erhalten aber keine simultane Antwort.
Eine räumliche Trennung liegt nicht vor, wenn ein Kurs online stattfindet, aber synchron, sprich zeitgleich und die Teilnehmer/innen direkt Fragen stellen können.
Was bedeutet es, den Lernerfolg zu überwachen?
Hierzu gehören alle Arten der Kommunikation, die geeignet sind, um Fortschritte festzustellen.
Wenn die Teilnehmer/innen die Möglichkeit haben, Fragen per Mail, Telefon oder soziale Netzwerke zu stellen, zählt dies zur Lernerfolgsüberwachung.
Unerheblich ist, ob diese Möglichkeiten genutzt werden. Der reine Anspruch, Fragen stellen zu dürfen, reicht aus.
Selbstverständlich auch jede Form der Abschlussprüfung und die Ausstellung von Zertifikaten, Zeugnissen.
Rein EDV-gestützte Tests, zum Beispiel Multiple-Choice, werden derzeit nicht als Lernkontrolle gewertet. Allerdings darf keine weitere Kommunikation möglich sein, was sich doch als unrealistisch darstellt.
Wie könnte ein Angebot aussehen, welches keine ZFU-Zulassung erfordert?
Das zeitliche Verhältnis zwischen den synchronen und asynchronen Anteilen scheint der wichtigste Faktor zu sein.
Die räumliche Trennung sollte nicht überwiegen. Derzeit wird es so interpretiert, dass der zeitliche Anteil nicht mehr als die Hälfte betragen darf.
Beispiel:
Ein Kurs findet zu 60% im Seminarraum (physisch oder online) statt. Trainer/in und Teilnehmer/innen agieren zeitgleich, also simultan.
40% der Lernzeit werden mit Lehrmaterialien bestritten, die von den Teilnehmer/innen eigenständig, ohne Begleitung, durchgearbeitet werden.
Das können Videos aber auch klassische Lehrbücher sein.
Wo sind die Fallstricke?
- Die Trainer/innen haben nicht unbedingt Einfluss darauf, dass der Anteil des Selbstlernens, den vorgegebenen Rahmen von 40% nicht überschreitet.
Empfehlung: Stellen Sie einen ausführlichen Lehrplan mit Zeitangaben auf.
- Die Teilnehmer/innen könnten Präsenzanteile verpassen und wünschen sich, diese zu einem anderen Termin nachholen zu können. Speziell bei Anteilen, die online durchgeführt wurden, wird hier gern auf Aufzeichnungen zurückgegriffen.
Empfehlung: erstellen Sie auf keinen Fall Aufzeichnungen, da sonst das Verhältnis zwischen synchronen und asynchronen Anteilen kippt.
Gilt das FUSG nur für Verbraucher/innen?
Inzwischen haben das OLG Celle und der BGH entschieden, dass die Regelungen auch für Unternehmen gelten.
Wie und wo stelle ich den Antrag auf Zulassung?
Bei der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (https://zfu.de) kann die Zulassung beantragt werden.
Die Kosten liegen bei mindestens 1.050 Euro pro Lehrgang. Die Höhe ist abhängig vom Kurspreis, kann online berechnet werden und liegt in der Regel beim 1,5-fachen der Kursgebühr.
Das Angebot kann dann beliebig oft verkauft werden. Bei wesentlichen Änderungen ist leider eine erneute Zulassung erforderlich.
Kann die Zulassung verweigert werden?
Falls sich der Fernlehrgang aus Sicht der ZFU nicht zu Erreichung des Lehrgangsziels eignet oder andere wichtige Kriterien nicht eingehalten werden, kann die Zulassung verweigert werden.
Welches Risiko besteht ohne Zulassung?
Liegt die erforderliche Zulassung nicht vor, ist der Vertag mit den Teilnehmer/innen nichtig. Diese können ihr Geld in voller Höhe zurückfordern.
Welche Vorteile kann eine Zulassung haben?
Da das Verfahren zeitlich und finanziell aufwändig ist, kann die Zulassung zum positiven Unterscheidungsmerkmal zu den Mitbewerbern beziehungsweise Qualitätskriterium entwickeln.
Fazit:
Es lohnt nicht, das eigene Angebot umzubenennen. Im Zweifel wird die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten festzustellen sein, wie dies in Zusammenhang mit der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für lehrend tätige Selbständige seit Jahrzehnten Praxis ist.
Weiterbildungsangebote, die überwiegend in Präsenz stattfinden, bedürfen keiner Zulassung.
Die Erstellung eines Curriculums und die sorgfältige Dokumentation der synchronen und asynchronen Anteile der Ausbildungsangebote ist empfehlenswert.
Autorin: Edit Frater ist 1. Vorsitzende und Initiatorin der Trainerversorgung e.V., die sich seit 1994 auf die Beratung von selbständigen Weiterbildner/innen spezialisiert hat.
Hauptschwerpunkte sind berufsständische Fragen und Versicherungskonzepte speziell für diese Zielgruppe.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine rechtliche Beratung dar und kann eine individuelle Beratung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt nicht ersetzen. Bei konkreten rechtlichen Fragen oder Problemen wenden Sie sich bitte an eine qualifizierte Rechtsberatung.
